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1. Abstammung/Domestikation

 

Nachdem lange Jahre, besser gesagt Jahrzehnte und länger, in den Kreisen der Wissenschaft darüber spekuliert und gerätselt wurde, von wem der Hund nun abstammt von Kojote, Wolf oder Schakal (allesamt Caniden genannt), ergab eine in Amerika 1997 durchgeführte DNA-Untersuchung, dass zweifellos der Wolf (Canis lupus) der Stammvater aller heutigen Hunderassen ist. Dieser Umstand ist von entscheidender Bedeutung in der heutigen Hundehaltung insgesamt. Davon später mehr. Man geht heute davon aus, dass der Hund bzw. der domestizierte Wolf seit etwa 15.000 Jahren bei und mit dem Menschen lebt. (1914 wurde in Oberkassel eine ca. 14.000 Jahre alte Grabstätte entdeckt, in welcher ein Kiefer eines Hundes gefunden wurde). Doch sind diese Jahresangaben auch umstritten. Manche Wissenschaftler meinen, der Hund sei viel älter als bisher angenommen. Doch wie es auch sei, als gesichert gilt dass der Hund das älteste domestizierte Haustier des Menschen ist.  Weit älter als z.B. Ziege und Schaf. Wie der Wolf nun zum Menschen kam ist weitgehend Spekulation. Doch dürfte folgendes Szenario den tatsächlichen Umständen ziemlich nahe kommen:

Das Verbreitungsgebiet des Wolfes war vor ca. 15.000 Jahren in der ausgehenden Altsteinzeit (zum Ende der letzten Eiszeit) ungleich größer als dies heute der Fall ist. Eine Aufzählung welche Unterarten von Canis lupus wo vorkamen würde hier zu weit führen. Beutetiere wie Mammut, Hirsche usw. waren durch die Klimaänderung selten geworden und durchstreiften nicht mehr so zahlreich die damalige, sich immer mehr verkleinernden Steppe.  Der Waldwuchs wurde immer dichter. Auch Menschen, die von der Jagd auf diese Tiere lebten, bewohnten diese Gegenden. Wie durch Knochenfunde belegt, schleppten diese Menschen bei einem Jagderfolg alles brauchbare der Beute, oft sehr weit, in ihre Behausungen. Den Rest ließen sie in der Regel liegen. Was war einfacher für die umherstreifenden Wölfe sich dieser Reste risikolos zu bemächtigen ? Auf diese Weise ist es einleuchtend, dass die Wölfe lernten dem Menschen zu folgen und von seinen Abfällen zu profitieren. Weiterhin belegen fossile Funde, dass der Mensch seine Abfälle auch in der nächsten Umgebung seiner Wohnstatt ziemlich wahllos hinterließ. Auch dies war natürlich ein "gefundenes Fressen" für die Tiere. Es ist denkbar und eigentlich logisch, das es im Laufe der Zeit durch verschiedene Lernprozesse zu einer erheblichen Verringerung der Fluchtdistanz zu den Menschen kam, zudem sich Tiere in der Nähe eines reichen und leicht zu habenden Nahrungsangebotes besonders gerne vermehren. Die in der Nähe des Menschen geworfenen Welpen wuchsen in diesem neuen Umfeld auf und lernten den Umgang mit der natürlichen Furcht. Das heißt der Wolf gewohnte sich an dieses Leben und blieb immer mehr in der Nähe des Menschen. Es konnte nicht ausbleiben, dass irgendwann ein mutterloser Wurf oder ein einzelner Wolfswelpe gefunden und in die Heimstatt des Menschen gebracht und aufgezogen wurde. Nach Erik Zimen leisteten besonders Frauen hier einen entscheidenden Beitrag indem sie die Welpen aufzogen und dabei sogar die Brust reichten, was noch heute bei einigen Naturvölkern beobachtet werden kann. Diese Fürsorge ist nicht zuletzt dem Kindchenschema (große runde Augen, runder Kopf, weiches Haar) zu verdanken, welches gerade Canidenwelpen sehr zu eigen ist und ein Brutpflegeverhalten sozusagen erzwingt. Durch dieses Aufwachsen im Hausstand des Menschen wurden sie natürlich auf die Familie geprägt.

 

Besonders bei Kindern dürften diese Welpen damals, wie heute auch, beliebte Spielkameraden gewesen sein. Mit der Zeit ist es dann dazu gekommen, dass sich die Wölfe im Hausstand des Menschen reproduziert haben. Es ist nur allzu logisch, dass die damaligen Menschen nur solche Tiere in ihrer Nähe duldeten, welche keine Gefahr für ihre Kinder bedeuteten. Dies macht klar, dass unter diesen Umständen  die Nachkommenschaft der Wölfe, die bei den Menschen lebten, knallhart selektiert wurde. D.h. nur die am besten dem Menschen angepassten Tiere wurden geduldet. Eine Weitergabe unerwünschter Erbmasse wurde damit - unbewusst - ausgeschlossen. Das bekannte Anpassungsvermögen aller Caniden, sowie deren enorme Lernwilligkeit, Lernvermögen sowie die Fähigkeit zu sozialem Zusammenleben trugen das weitere dazu bei. Sicherlich wurden zu irgendeinem Zeitpunkt nicht immer "neue" Wölfe in die Menschengemeinschaft eingebracht, sondern der  vorhandene Genpool ausgenutzt. Diese Trennung von der Wildform, die in jener Zeit sicherlich nicht planmäßig erfolgte, stellt eine der Voraussetzungen der Domestikation dar. Die Anfänge von Zucht - aber noch weit von planmäßiger Zucht entfernt. Erst später lernte der Mensch, dass er Aussehen und Verhalten dieser Tiere gezielt beeinflussen kann. Der Übergang vom Wolf zum Haushund dürfte eine sehr lange Zeitperiode in Anspruch genommen haben, wobei man von den Anfängen der lockeren Beziehung zwischen Wolf und Mensch bis zur endgültigen Domestikation von einigen Jahrtausenden ausgehen kann.

Verpaarungen mit "wilden" Wölfen dürften noch an der Tagesordnung gewesen sein. Nimmt man alle Fakten zusammen scheint es, als habe sich der Wolf selbst domestiziert, als habe er eine bis dahin nicht genutzte Nische entdeckt und sich aufgrund seiner Anlagen perfekt angepasst. Tatsächlich dürfte es so gewesen sein, dass beide Selektionsschritte, die der Natur und die des Menschen die Domestikation ermöglichten. Wann und wo diese Domestikationsschritte stattgefunden haben wird nie zu erfahren sein, zudem man davon ausgehen kann, dass diese zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten passiert sein dürfte. Dass dieser Wolf/Hund überhaupt im Hausstand des Menschen geduldet wurde, ist sicherlich dem Umstand zu verdanken, dass ein Zusammenleben mit ihm mehr Vor- als Nachteile brachte - obwohl er ein eindeutiger Nahrungskonkurrent war.

Rasch wurde erkannt, dass diese Caniden ideale Ungeziefervernichter sowie Restevertilger waren. Auch Abfälle sowie Exkremente wurden von ihnen beseitigt. Auf diese Weise hielten sie das nähere Umfeld sauber - eine Art lebende Gesundheitspolizei. Es existieren auch Meinungen von Wissenschaftler, nach denen Hunde in Notzeiten auch als Nahrung oder Felllieferant für die Menschen gedient haben. Im Laufe der weiteren Präsenz beim Menschen stellte das ausgeprägte Territorialitätsverhalten der Caniden einen der größten Vorteile dar: das Wachen. Bei drohender Gefahr oder ungewöhnlichen Vorkommnissen in ihrem Territorium, das jetzt der Wohnbereich des Menschen war, begannen die Hunde Laut zu geben und den Bereich auch aktiv zu beschützen.  Zu den damaligen Zeiten war dieses Verhalten wahrscheinlich äußerst willkommen - an Gefahren fehlte es nicht. Im weiteren Verlauf der Haustierwerdung  haben sich bei den Hunden weittragende Veränderungen ergeben. Die nicht mehr benötigte Schärfe der Sinnesleistungen gehen zurück, die Vermehrungsrate erhöht sich (statt einer jährlichen Läufigkeit sind es nun zwei), das Verhalten passt sich mehr und mehr den Notwendigkeiten des menschlichen Umfeldes und der menschlichen Lebensweise an. Der Mensch beginnt durch gezielte Selektion erwünschte Verhaltensweisen zu fördern und unerwünschte auszumerzen. Felszeichnungen im Nahen Osten und in der Türkei, deren Alter mit ca. 8000 Jahren angegeben werden, zeigen Hunde als Gehilfen bei der Jagd. Wie der Mensch entdeckte, den Geruchssinn des Hundes sowie das Anzeigen und das Stellen des Wildes auszunutzen, muss Spekulation bleiben. Auch das Äußere des Hundes/Wolfes veränderte sich. Die natürliche Felltarnung der Wildform Wolf war im Hausstand nicht mehr notwendig, so dass sich allerlei Farbschläge entwickelten, die sich durch die Kreuzungen untereinander noch vervielfältigten. Durch den Rückgang der Grosstiere (Mammut usw.) in der Nacheiszeit wurde es notwendig andere Jagdstrategien zu entwickeln. Auf die kleineren, schnelleren Tiere war die Jagd z.B. mit dem Speer nicht effizient genug, so dass der Mensch überwiegend Pfeil und Bogen einsetzte, wie Höhlenabbildungen zeigen. Man geht davon aus, dass Hunde die Männer zur Jagd begleiteten und der Mensch von den ausgeprägten Sinnesleistungen der Hunde bald profitierte. So verursacht ein Pfeil selten tödliche Verletzungen, aber stark blutende Wunden. Die Hunde konnten dieser Spur, wie auch heute noch, leicht folgen und das getroffene Tier hetzen und schließlich stellen, was dann eine relativ leichte Beute für die Menschen war.

"Jetzt war der Hund nicht nur Bewacher und 'Windelersatz' der Siedlungen, Spielkamerad der Kinder und freundlicher Begleiter der Erwachsenen, allenfalls auch Reservenahrung für schlechte Zeiten, sondern selbst eine unabdingbare Hilfe bei der wichtigsten aller Aufgaben: der Ernährung" (Erik Zimen "Der Hund", 1988)

Durch die immer ausgefeilteren Jagdtechniken und der damit verbundenen besseren Ernährung wuchs die Bevölkerung an, so dass im Laufe der Jahrhunderte die Jagdausbeute durch den Rückgang der Beutetierpopulationen geringer wurde. Die Menschen begannen ihr nomadenhaftes Jäger- und Sammlerdasein in eine Form der sesshaften Lebensweise umzuwandeln (Ackerbau und Viehzucht). Hieraus erwuchsen wiederum neue Tätigkeitsfelder für die Hunde, wie Vieh hüten, Lasten ziehen und so weiter. Die außerordentliche Anpassungsfähigkeit der Hunde lässt sich auch hierbei wieder beweisen. Spätestens in dieser Epoche dürfte der Mensch den Hund gezielt nach seinen Verhaltensweisen und Formen selektiert haben, so dass verschiedene Hundetypen entstanden wie z.B. der Jagdhund, der Hütehund, der Wachhund, der Herdenschutzhund usw. Die für die jeweiligen Aufgaben bestgeeigneten Hunde wurden weiterverpaart, die nichtgeeigneten ausselektiert, wobei das Äußere sicherlich auch durch die Umweltbedingungen beeinflusst wurde.

Mit fortschreitender kultureller Entwicklung des Menschen und dessen Einfluss wurde in einigen Gebieten der Erde eine erste Bildung von Rassen erkennbar. Da zu dieser Zeit die Jagd insbesondere in gehobenen Kreisen nicht mehr dem Nahrungserwerb sondern dem Vergnügen diente, entstanden viele Jagdhundrassen, die sich im Äußeren ziemlich glichen (z.B. Windhunde und Molosser). Aber auch für den Kriegseinsatz wurden große Hunderassen gezüchtet und als Kampfgenossen benutzt (Hunde wurden auch noch im 1. und 2. Weltkrieg eingesetzt! ). Mehr und mehr wurde der  Hund ein Spezialist, vom Menschen für verschiedenste Aufgaben gezüchtet. Man stelle sich den Wolf als Zehnkämpfer vor: Er beherrscht alle Disziplinen. Der Hund ist ein Spezialist auf seinem, selektierten, Gebiet geworden und beherrscht einzelne Disziplinen hervorragend.

 

 

 

  In jedem Hund ist immer noch ein Teil Wolf -
ob Yorkshire oder Dogge

 

Der Beginn der modernen Hundezucht, der Züchtung von Reinrassen,  kann auf Ende des 18. Jahrhunderts gelegt werden. Vorreiter und Mutterland war England, in dem schon bald vielfältige Zuchtvereine- und Verbände gegründet wurden. Bald wurden auch in Deutschland Zuchtvereine gegründet, stellvertretend sei hier der 1899 gegründete heutige Verein für Deutsche Schäferhunde genannt. In der heutigen Zeit haben Hunde die verschiedensten Funktionen wie:

 

Ein Familienhund sollte besitzen: